Das achtköpfige Forschungsteam hat in Weimar ein Bauschild aufgestellt, und informiert dabei die Weimarer Stadtgesellschaft über die sozialen, ökologischen und architektonisch-planerischen Krisen des Eigenheims.
Um Forschungsprozesse, aber auch intern geführte Diskussionen und angestellten Überlegungen für die Zivilgesellschaft zugänglich und greifbar zu machen, suchten das Forscher*innenteam nach wir nach einem alternativen Medium und Format, das als vermittelndes Element agierten konnte.
Im Bauschild sahen wir einen geeigneten Anknüpfungspunkt, um in gebündelter Form erste Inhalte zu vermitteln und uns über den Fachdiskurs hinaus, an ein breites Publikum zu richten. Bewusst wurde ein Medium gewählt, mit welchem sonst für das Leben im Einfamilienhaus mit Garten geworben wird.
Die fünf Aussagen des Bauschildes sind Folgende:
In Deutschland gibt es 16,1 Mio. Einfamilienhäuser (EFH)
, das sind fast 67% aller Wohngebäude. Sie dominieren damit den Bestand.
(Destatis, 2022, S.16; Destatis, 2021)
EFH haben einen deutlich höheren Flächenverbrauch. Ihre Bewohner*innen wohnen durchschnittlich auf 157 m². Das sind fast 79 m² mehr als in Mehrfamilienhäusern (MFH).
(ebenda)
Der ländliche Raum in Thüringen erlebt einen stetigen Bevölkerungsrückgang. Bis zum Jahr 2030 werden potentiell 36.000 EFH leer stehen. Dennoch werden im Freistaat jährlich 1.500 EFH neu gebaut. (Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, 2018, 74f.)
EFH verursachen kommunale Investitionskosten für Straßen, Kanalisation, Trinkwasser- und Stromleitungen. Für ein EFH sind die Erschließungskosten 8-mal höher als für ein kompaktes MFH.
(Bundesstiftung Baukultur, 2018, S.60)
Wohneigentum ist Ausdruck einer hohen Einkommens- und Vermögensungleichheit in Deutschland. Der Median des Nettovermögens von Immobilieneigentümer*innen erreichte im Jahr 2021 mit 364.800 € einen Höchststand. Bei den Mieter*innen lag dieser bei 16.200 €. (Deutsche Bundesbank, 2021)
Das Bauschild befand sich von Juli bis Ende Oktober auf dem Gelände der Bauhaus-Universität Weimar und wurde dort im Kontext der summaery23 (Jahresausstellung der Bauhaus-Universität Weimar) aufgestellt.
Auf einer Freifläche, die neben der hochschulinternen Fachöffentlichkeit auch Besucher*innen und externen Interessierten zugänglich ist, informierte das Bauschild erstmals über Auszüge der Forschungsergebnisse. Das Bauschild auf der grünen Wiese, die laut dem Entwicklungsplan der Universität in naher Zukunft verdichtet und bebaut werden soll, macht auf die Thematik und Problematik neu ausgeschriebener Einfamilienhausgebiete am Stadtrand vieler Kleinstädte aufmerksam. Über das bekannte und vertraute Format des Bauschildes und mittels der dazu im Kontrast stehenden signalfarbenen Schrift soll erst einmal Aufmerksamkeit erzeugt und im zweiten Schritt einen Diskurs über die darauf platzierten Inhalte angeregt werden.
Bis Ende November 2023 befand sich das Bauschild auf dem Vorplatz des Weimarer Bahnhofes.
Die prozesshafte Standortfindung im öffentlichen Stadtraum war nicht zuletzt von der politischen Dimension des Themas geprägt und zeigte, wie kontrovers die auf dem Bauschild ausgestellten Inhalte sind. Nachdem viele Standorte erfolglos angefragt wurden, bekamen wir die Genehmigung für einen Ausstellungszeitraum von einem Monat. Trotz all der Hürden und Schwierigkeiten freuen wir uns an einem wichtigen infrastrukturellen Standort in Weimar mit unseren Aussagen vertreten gewesen zu sein.
In verkleinerter Form finden Sie die Inhalte des Bauschildes zusätzlich als Exponat im Bauhaus-Museum, welches zum Themenjahr Wohnen im Sommer 2023 dort ausgestellt wurde.
Gestaltung Bauschild: Enno Pötschke